Landleben in Bindsachsen
Aus unserem Festbuch zum Jubiläum 2002.
Von Heinrich Schrimpf.
Im Jahre 1950 war in Bindsachsen das Dorfbild, der tägliche, sowie der jährliche Ablauf stark von der Landwirtschaft geprägt. 80 Familien betrieben, mehr oder minder Landwirtschaft. Es waren dies meist Großfamilien mit 2, 3 und mehr Generationen, welche unter einem Dach wohnten und im landwirtschaftlichen Betrieb tätig waren.
Die Gemarkung hatte eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 570 ha, diese hat sich bis heute nur geringfügig durch Bebauung verkleinert. Der Boden ist aus Basaltverwitterung entstanden, und so findet man, fast in jedem Grundstück größere oder kleinere Basaltsteine, welche die Bodenbearbeitung stark behindern. Nur in der Tallage, unterhalb des Dorfes, tritt der Buntsandstein zu Tage. Bei einer durchschnittlichen Jahrestemperatur von 7,4°C und einer Höhenlage von 280-393 m über dem Meeresspiegel, mit 850 mm durchschnittlichem jährlichen Niederschlag und zum Teil steilen Hanglagen, sind hier schon richtige „Vogelsberger-Verhältnisse“ anzutreffen. Bedingt durch die genannten Verhältnisse, ist die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche Grünland. Die Betriebe mit mehr Fläche nutzten als Zugtiere Pferde. Das waren ca. 40 Betriebe mit fast 80 Pferden. Der Rest der Betriebe gebrauchte Kühe als Zugtiere, welche auch gleichzeitig der Milchgewinnung dienten.
Um das Einkommen zu verbessern, nutzten viele dieser Betriebsinhaber die Möglichkeit, einer Tätigkeit außerhalb der Landwirtschaft nachzugehen. Dies war aber zu dieser Zeit noch etwas schwierig, zumal durch die fehlende Motorisierung, Arbeitsplätze in etwas entfernter gelegener Gegenden, wie etwa im Raum Frankfurt täglich schlecht zu erreichen waren. An Feldfrüchten wurden angebaut: Kartoffel, Futterrüben, Klee, Weizen, Roggen, Gerste, Hafer. Die Kartoffeln wurden zum großen Teil als Einkellerungskartoffeln in Selbstvermarktungsart im Herbst nach der Ernte, größtenteils nach Büdingen, zu den Kunden direkt in den Keller geliefert. Ein großer Teil der Kartoffeln wurde an die Schweine verfüttert. Der Kartoffel- sowie der Futterrübenanbau war mit sehr viel Handarbeit verbunden und erforderte den Arbeitseinsatz der ganzen Familie. Die Futterrüben wurden als Winterfutter für Rindvieh und Zuchtsauen verwendet. Sie wurden im Winter von Hand mit einem großen Messer von Erdresten befreit, in einer sogenannten Brockelmühle (von Hand gedreht) zerkleinert und mit Spreu vermischt. So entstand das sogenannte Kurzfutter, ohne dies man sich eine Winterfütterung der Kühe nicht vorstellen konnte. Zusätzlich wurde noch Heu verfüttert.
Der Klee wurde als Sommerfutter verwendet. Durch die kleine Parzellierung, war ein Weidegang kaum möglich. So wurde alle 1-2 Tage Futter heimgeholt und im Stall verfüttert. Der Klee wurde mit der Sense von Hand gemäht, mit der Gabel aufgeladen und anschließend mit Pferde- oder Kuhgespann heimgefahren. Vor dem Stall wurde er wieder von Hand abgeladen und morgens und abends zu den Tieren getragen. Der Weizen wurde als Winterfrucht im Herbst gesät. Im Frühjahr wurden die Disteln mit einem sogenannten Disteleisen aus dem Bestand gestochen. Dies war meist Frauen- und Kinderarbeit. Der Roggen wurde im selben Verfahren angebaut. Hafer und Gerste wurden im Frühjahr gesät (Sommerfrucht). Als technischer Fortschritt war bei der Getreideernte der Mähbinder anzusehen. Während man vor einiger Zeit das von Mähmaschine oder Ableger gemähte Getreide noch von Hand in Garben einbinden musste, machte der Mähbinder, der von drei Pferden oder drei Kühen gezogen wurde, das Mähen und Einbinden in einem Arbeitsgang. Die Garben brauchten nur noch zum Trocknen auf Haufen zusammengestellt zu werden. Waren sie, je nach Wetterlage, nach ein paar Tagen abgereift und trocken, wurden sie mit dem Leiterwagen in die Scheune gefahren.
Im Herbst zog dann die Dreschmaschine, welche schon seit der Jahrhundertwende den Dreschflegel abgelöst hatte, von Hof zu Hof, um das eingelagerte Getreide zu dreschen. 10-12 Mann waren zur Bedienung notwendig. Die Betriebe halfen sich hier gegenseitig. Es war eine harte und staubige Arbeit. In Bindsachsen waren zu dieser Zeit zwei Lohndreschmaschinen vorhanden. Betreiber waren Jacob Karl Maul und später dessen Schwiegersohn Arthur Tscharntke, des weiteren Johann Heinrich Maul und dessen Sohn Helmut Maul. Letzterer schaffte in danach folgenden Jahren drei Lohnmähdrescher an. Folglich brauchten sich die Landwirte in Bindsachsen keine eigenen Mähdrescher anzuschaffen.